Lagebericht zu COVID-19

Shutdown: Höchste Alarmbereitschaft

Was an sich harmlos als Arbeitsreise nach Kenia begann, sollte so enden, wie es sich kein Mensch jemals vorstellen hätte können. Anfang März 2020 führte unseren Vorstand die Arbeit nach Kenia. Die Reise war notwendig, weil wichtige Termine bei Anwalt und Regierungsvertretern anstanden. Ziel war es, den Verein auch in Kenia solide auf rechtliche Beine zu stellen und einen Trust (Schwesternverein in Kenia) zu gründen . Zu diesem Zeitpunkt war die Welt noch völlig in Ordnung. Man hörte etwas über ein Virus Namens Corona – aber dieses Virus war ja so weit weg in China.  Man verfolgte zwar Medienberichte, dass ganze Städte und Landstriche unter strenge Quarantäne gestellt wurden. Aber wer hätte sich gedacht, dass dieses Virus auch unsere zweite Heimat Kenia in „Geiselhaft“ nehmen würde – geschweige denn unsere Heimat Österreich – Anfang März zumindest für uns, unvorstellbar. Wer darauf gewettet hätte, dass das öffentliche Leben und die Wirtschaft in Österreich jemals in den „Winterschlaf“ Modus gesetzt wird, hätte viel Geld gewonnen.

Chaos: Brutale Polizeieinsätze

Am 14.03.2020 haben wir Kenia in Richtung Österreich (wie geplant) verlassen, es gab damals einen bestätigten Fall in Nairobi.
Heute (31.03.2020) ist in Österreich, Deutschland und auch in Kenia nichts mehr so, wie es war. Die Pandemie geißelt mittlerweile fast alle Länder dieser Erde. Wie auch bei uns sind in Kenia seit dem 16.03.2020 alle Schulen, Universitäten, Kinderheime, Shops und Bars geschlossen. Die legendäre Likoni Fähre entwickelte sich zum Nadelöhr – anstelle von über 1.000 Passanten werden nur 300 pro Fahrt befördert. Was uns große Sorgen bereit ist,  nicht „nur“ Corona selbst, sondern der sich mit dem Shutdown anbahnende Hunger. Der erste Fall einer Infektion mit Coronavirus wurde am Sonntag, 15. März bestätigt. Präsident Kenyatta ordnete die Schließung aller Schulen und Universitäten an. Anfangs waren die Schulkinder noch erfreut – weil wieder frei. Die kleinen Ferien waren erst kurz vorbei und die nächsten großen Ferien zwischen Term 1 und 2 stehen bevor. Für die meisten Erwachsenen war jedoch schnell klar – da kommt was Großes auf uns zu – nicht nur schulfreie Tage!
Den ersten Abend (27.März) der nächtlichen Ausgangssperre (19 – 5 Uhr) setzte die Polizei mit äußerster Gewalt durch. Unzählige Menschen wollten noch vor dem Beginn der Ausgangssperre mit der Fähre übersetzen. Die Fähre ist ja grundsätzlich ein Nadelöhr, aber es kam wie es kommen musste. Zu viele Menschen wollten die Fähre noch erreichen – die Lage schien außer Kontrolle zu geraten. Die Polizei reagierte auch nach ihrem altbewährten Muster – mit brutaler Gewalt! Menschen wurden wie Tiere durch die Straßen getrieben und verprügelt, auch waren Schüsse zu hören. Es mag wie eine Rechtfertigung klingen, aber es machte den Eindruck, als wollte die Polizei die Situation mit allen Mitteln in den Griff bekommen. Am nächsten Tag war dieser brutale Polizeieinsatz auch Thema im  kenianischen TV. Bericht von NTV Kenia

Neue Rituale: Desinfektionsmittel und Händewaschen

Es galt von nun an sich an diese Hygienevorschriften zu gewöhnen. Wer es sich leisten kann, hat nun Seife und Desinfektionsmittel als ständigen Begleiter bei sich. Wer allerdings Kenia kennt, weiß „wie viele““ sich das leisten können! Zwischen 16. und 26. März stieg der Preis von Desinfektionsmittel um rund 30% – obwohl die Regierung „bittet“ von Preissteigerungen Abstand zu halten!
Selbst Seife ist in Krisenzeiten für viele Kenianer ein absoluter Luxusartikel.

ANGST: es gibt nur <130> Intensivbetten

Man neigt schnell festzustellen – so ein Theater wegen der wenigen Fälle?
NEIN – was passiert, wenn man zu spät oder zu zögerlich reagiert, wird uns tagtäglich in Italien, Spanien und New York mit tausenden Toten vor Augen geführt. Eine ähnlich flächendeckende Ausbreitung hätte in Kenia unvorstellbare Folgen: So mahnte bereits Tedros Adhanom (Chef der WHO) ein, dass Afrika „aufwachen solle“ und „sich auf das Schlimmste vorbereiten soll“. Die geringen Fallzahlen scheinen gut zu sein, Experten gehen jedoch davon aus, dass schlichtweg zu wenig getestet wird, was eine hohe Dunkelziffer bedeutet. Was Kenia vielleicht zugutekommt ist die Tatsache, dass der Altersdurchschnitt [1] mit 18,2 Jahren (vgl. Österreich 40,9) sehr jung ist. Der deutsche Virologe Drosten gibt sich sehr besorgt „in den afrikanischen Ländern wird der Peak im Frühsommer zu erwarten sein. Wir werden noch erleben, dass die Menschen auf den Straßen sterben werden.“[2] Ein Hauptgrund für diese düstere Prognose ist die Tatsache, dass in ganz Kenia für 50 Millionen Einwohner derzeit gerade mal 130 Intensivbetten zur Verfügung stehend. Im Vergleich – Österreich ist mit 2.547 sehr gut vorbereitet. Machen Sie sich selbst ein Bild davon, wenn Kenias Gesundheitssektor kollabiert. Es werden mit Sicherheit abertausende Todesfälle zu beklagen sein.
[1] www.welt-in-zahlen.de
[2] Interview im Stern

Ungeschützt: sehr große Risikogruppen

Grundsätzlich sind Menschen mit Vorerkrankungen als Risikogruppe anzusehen – HIV, Diabetes, Malaria, Unterernährung (jeder 5.) Auch haben die wenigsten eine Krankenversicherung (Ausnahme: von uns betreute Kinder und Familien sind, wann immer möglich, versichert). Eine für uns in Österreich und Deutschland selbstverständliche Absicherungen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit … gibt es in Kenia/Afrika nicht!
Die Handlungsempfehlung der Regierung „Händewaschen, Desinfizieren“ ist leichter gesagt als getan. Viele Menschen haben KEINEN Zugang zu sauberem Wasser und KEIN Geld sich Desinfektionsmittel oder Seife zu kaufen. Ich glaube über hygienische Mindeststandards müssen wir hier gar nicht diskutieren.

Der tägliche Kampf

Der Tourismus sorgt an der Küste für 1/10 des landesweiten Bruttoinlandsproduktes. Die letzten Jahre hat sich der Tourismus mit 2 stelligen Zuwachsraten zu erholen begonnen – Kenia wird als wunderschönes Urlaubsland wahrgenommen. Nun der Shutdown – keine Touristen dürfen in das Land – alle Hotels geschlossen – keine Arbeit – kein Einkommen – keine Schule – kein geregeltes Essen!
Diese Spirale ließe sich beliebig erweitern! Aber auch das tägliche Leben der Kenianer ist nicht mehr so wie es war. Die sonst so chaotisch gefüllten Straßen, Märkte und Straßenküchen sind gespenstisch leer. Überall geht die Angst um, sich zu infizieren. Wir haben die österreichischen und deutschen „Hamsterkäufe“ aus der Ferne (Aufenthalt vor Ort) via Facebook verfolgt und konnten es kaum glauben. Hier in Kenia war es zu erwarten – Hamsterkäufe – vor allem Seifen und Desinfektionsmittel. Wie in Österreich kam man in den Shopping Malls nicht mehr mit dem Nachräumen klar – es schürte sich die Angst es gibt zu wenig. Lebensmittel werden derzeit hauptsächlich in „Großgeschäften“ angeboten – also nicht bzw. kaum in gewohnten kleinen Geschäften oder am Straßenmarkt zu einigermaßen erschwinglichen Preisen. So berichtet Zukunft-Dank-Dir Mitarbeiterin SALOME UHURU aus der Küstenstadt Ukunda, südlich von Mombasa, „kostete eine Tomate vor Corona KES 10,- so sind jetzt bereits KES 30,- zu zahlen„ (ca. 25 Cent, Anm.)
Wie eigentlich immer, werden wieder die Ärmsten der Armen leiden müssen! Sehr oft sind davon natürlich auch Kinder, allein stehende Mütter und Großmütter betroffen! Aber selbst jene, die bisher das Glück hatten, Jobs in Hotels oder tourismusnahen Branchen zu haben, stehen jetzt ohne Arbeit da – damit auch OHNE EINKOMMEN!

SOFORTHILFE – so helfen wir vor Ort

Umgehend wurde der Vorstandsbeschluss gefasst, unseren betreuten Familien und Kindern unter die Arme zu greifen.
Aber auch anderen bedürftigen Familien – so weit es uns mit unseren finanziellen Mitteln möglich ist – werden wir Hilfe zukommen lassen.
Denn der Hunger macht keinen Unterschied, ob die Familie eine „Patenfamilie“ ist oder nicht.
Unser Team in Kenia ist laufend damit beschäftigt Hilferufe zu prüfen und individuelle Soforthilfe zu geben.
Täglich stehen wir mit dem Team in Kenia in Verbindung um unsere Aktivitäten anzupassen.
Das Versammlungsverbot, die Ausgangssperre, die Mindestabstände etc. erleichtern diese Arbeit nicht unbedingt.
Das Team wird von Österreich laufend mit finanziellen Mittel ausgestattet um Lebensmittelpakete vor Ort zu kaufen.

In der erste Woche sind bereits über 400 Pakete mit Grundnahrungsmittel und Seife verteilt worden.
Ein Paket (Ugali, Reis, Porridge, Tee, Öl, Salz, Zucker, Seife) versorgt eine Woche lang eine 5 köpfige Familie mit dem Nötigsten.

Weitere Maßnahmen zur Vorbeugung:
>< Plakate mit Schutzmaßnahmen wurden gedruckt und plakatiert.
>< im TCC wurde eine „Station zur Handwäsche“ installiert
>< im TCC werden Mund-Nase-Masken genäht und an die Dorfbewohner verteilt
>< den Familien wurde erklärt sich zu schützen

ACKERBAU – Hilfe zur Selbsthilfe

Als zusätzliche zukunftsorientierte Maßnahme hat ZUKUNFT DANK DIR erstmals 13 Hektar Agrarfläche gepachtet – verteilt an der Nord- und Südküste – und diese Fläche wird derzeit gerade für den Maisanbau vorbereitet.
Hier ein herzliches DANKESCHÖN EINEM SPONSOR, OHNE DESSEN FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG DIES NICHT MÖGLICH WÄRE!
Wenn die Ernte – wie wir hoffen – gut ausfällt, können wir damit die Versorgung unserer betreuten Familien mit UGALI (Maismehl) zumindest für 4 Monate (August bis November)  sicherstellen.
Wir sind täglich in Kontakt mit unserem Team in Kenia und schärfen unsere Hilfsmaßnahmen je nach Anforderung spontan nach.

UPDATE 06.08.2020

Bis heute konnten wir dank EURER Unterstützung bereits über 40 Tonnen Lebensmittel an die Familien verteilen.
Trotzdem ist diese beachtliche Menge nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.
Seit wenigen Tagen hat „Zukunft-Dank-Dir Kenya“ auch vom Govenor of Kilifi die offizielle Erlaubnis in „seinem“ County Lebensmittel zu verteilen.
Dies ist der erste offizielle Vertrauensbeweis für unseren frisch gegründeten Trust (Stiftung) in Kenya.
Somit haben wir nun für ALLE Tätigkeiten die wir in diesem Land durchführen eine offizielle und vor allem rechtliche Absicherung.

Kauf auch DU ein Lebensmittelpaket zu je € 15,00

Spendenkonto für Lebensmittelpakete

https://www.betterplace.me/essenspaket

IBAN: AT56 2081 5000 4232 5175
BIC: STSPAT2GXXX